Nordirlandkonflikt
Die Bevölkerung von Nordirland ist zweigeteilt. Einerseits gibt es die Unionisten, welche die Zugehörigkeit zur englischen Krone beibehalten möchten und vorrangig dem Protestantismus angehören. Andererseits leben in Nordirland die Nationalisten beziehungsweise Republikaner, die den Zusammenschluss mit der Republik Irland fordern und meist dem katholischen Glauben zu zuordnen sind. Wegen der verschiedenen politischen Einstellungen kam es in den Jahren 1969 bis 1998 zu etlichen Unruhen. Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gruppen werden als Nordirlandkonflikt oder „The Troubles“ bezeichnet. Aktiv an den Unruhen beteiligt waren nur wenige Bürger. Die halbmilitärischen Organisationen, die gemäß eigener Ansicht die Bevölkerung vertraten, waren meist nicht repräsentativ. Und trotzdem beeinflussten die Auseinandersetzungen oft das tägliche Leben der nordirischen Bevölkerung oder „schwappten“ bis nach Großbritannien und in die Republik Irland über. Am 12. August 1969 stürmten Protestanten den katholischen Teil der Stadt Londonderry (Derry) und feierten den 280. Jahrestag der Befreiung der nordirischen Stadt von den Katholiken. Die katholische Bevölkerung, provoziert von dem Verhalten der Protestanten, verbarrikadierte sich. Die Straßenschlachten zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen konnten nicht durch die Polizei beziehungsweise halbmilitärische Einheiten gestoppt werden. Durch den Einsatz der britischen Armee, die vom nordirischen Premierminister zwei Tage nach Beginn der Unruhen angefordert wurde, beruhigte sich die angespannte Lage. Durch den Hilferuf des Premierministers war Großbritannien dazu gezwungen, sich an dem Konflikt aktiv zu beteiligen. Allerdings sollte diese Situation nicht der letzte Einsatz der britischen Armee sein. Auch am 30. Januar 1972 war Derry Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen. Mitglieder des britischen Militärs erschossen 14 Menschen während einer Demonstration für Bürgerrechte und gegen die Internment Politik (willkürliche Internierung) der Regierung. Als die Ereignisse des Blutsonntages publik wurden, erstürmte eine aufgebrachte Menge die britische Botschaft in Dublin und brannte diese nieder. Als Rache für den Blutsonntag verübte die Irish Republican Army mehrere Anschläge. Gewalttätige und zerstörerische Auseinandersetzungen herrschten auch in Belfast, der heutigen Hauptstadt von Nordirland. Geschäfte wurden geplündert, Straßenzüge niedergebrannt und etliche Bürger aus ihren Häusern vertrieben. Am 21. Juli 1972 detonierten in Belfast und Umgebung 22 Bomben. Verantwortlich für den „Bloody Friday“, an dem 11 Menschen ums Leben kamen und 130 verletzt wurden, ist die Provisional Irish Republican Army, eine Gruppe der Irish Republican Army. Die erste Bombe detonierte 14:09 Uhr Ortszeit, die letzte 15:30 Uhr. Über lokale Medien warnte die halbmilitärische Organisation vor den Anschlägen, für 20 Bomben wurden präzise Warnungen abgegeben. Später erklärte Sean MacStiofain, zu diesem Zeitpunkt Führer der Irish Republican Army, dass die britische Armee die Warnungen ignorierte, um die nationalistische Organisation bei der irischen Bevölkerung zu denunzieren. Am 16. Juli 2002 entschuldigte sich die Irish Republican Army in Form einer schriftlichen Erklärung. Katholische und protestantische Ghettos entstanden, in denen fast ausschließlich die jeweilige Bevölkerungsgruppe lebte. Nicht nur die Straßen und Städte teilten sich, sondern auch die Schulen. Die Einrichtungen wurden entweder von protestantischen oder von katholischen Schülern besucht. Die katholische Mädchengrundschule Holy Cross Catholic Primary School in Belfast erlangte innerhalb des Nordinlandkonflikts traurige Berühmtheit. Grund für die Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Katholiken ist ein Schulweg. Auf der Strecke zwischen dem katholischen Wohnviertel und der nur wenige 100 Meter entfernten katholischen Schule befindet sich ein protestantisches Viertel. Die protestantischen Bewohner fühlen sich davon provoziert, dass die katholischen Mädchen auf ihrem direkten Schulweg (kürzeste Strecke) das Viertel passieren. Ein Umweg führt über einen Acker, die Schule kann dann aber nur durch den Hintereingang betreten werden, dies lehnen die katholischen Eltern zum größten Teil ab, auch aus sicherheitstechnischen Aspekten. Seinen Höhepunkt erreichte dieser Konflikt im Juli 2001, die protestantischen Bürger blockierten die Straße. Polizistenketten versuchten die beiden Bevölkerungsgruppen zu trennen, die Schulkinder mussten den Weg über den Acker nehmen, wodurch sich die katholischen Bürger diskriminiert fühlten. Auch nach den Sommerferien, in denen viele auf eine Entspannung des Konflikts hofften, verbesserte sich die Situation nicht, sondern verschärfte sich. Polizisten und das Militär errichteten einen Flur, durch den die Kinder und die Eltern das protestantische Wohnviertel passieren sollten. Wüste Beschimpfungen und tätliche Angriffe (Steine etc.) machten den morgendlichen Gang zur Schule zu einem Spießrutenlauf. Auf Empfehlung der Polizisten brachten einige katholische Eltern ihre Kinder auf dem Umweg über das Feld zur Schule, andere hingegen nahmen aus Protest den Weg durch das protestantische Viertel. Der Konflikt eskalierte als Rohrbomben explodierten und zahlreiche Menschen verletzt wurden. Eine Mauer, welche die beiden Viertel voneinander trennt, wurde errichtet. Ein Bus befördert die Schulmädchen. Beide Maßnahmen wurden zuvor von den Beteiligten vorgeschlagen. Die Gewalt vervielfachte sich durch Hausdurchsuchungen und durch die vermehrte Inhaftierung verdächtiger Personen. Der Nordirlandkonflikt beeinflusste auch die Wirtschaft, Auslandsinvestoren beispielsweise blieben fern. Infolge der „Troubles“ starben fast 4000 Menschen, darunter hauptsächlich Zivilisten, etliche wurden verletzt. Das Karfreitagsabkommen beendete im Jahr 1998 den Nordirlandkonflikt. |